Buchstabenregen  


Buchrezension

Letztendlich sind wir dem Universum egal – David Levithan

Seiten: 400

Preis: 16,99 Euro

  

FISCHER FJB Hardcover Erschienen: 27. März 2014 ISBN 978-3-8414-2219-4

Der Inhalt:

A wacht jeden Morgen in einem neuen Körper auf. Jeden Tag lebt er/sie ein anderes Leben. A hat sich damit abgefunden. Er/Sie versucht sich nie zu sehr an ein Leben zu gewöhnen und niemanden so richtig an sich heran zu lassen. Die Regeln, die er/sie sich selbst aufgestellt hat, sind einfach: Halt dich zurück, fall nicht auf, versuch so zu denken und zu handeln wie die Person, in deren Körper du gerade steckst, greif nicht zu sehr in deren Leben ein.

Doch als A eines Morgens in Justins Körper aufwacht und dessen Freundin Rhiannon begegnet, ist es Liebe auf den ersten Blick. Zum ersten Mal schafft er/sie es nicht, sich an seine/ihre Regeln zu halten. Er/Sie wirft all seine/ihre Prioritäten über Bord, denn mit Rhiannon will er/sie jeden Tag verbringen – und am liebsten würde er/sie auch neben ihr einschlafen und im selben Körper wieder aufwachen können …

Der erste Satz:

Ich werde wach.

Meine Meinung:

Sofort war ich hin und weg von der Idee dieser Geschichte und all den Komplikationen, die sie mit sich bringt. Außerdem bin ich ein großer Fan von David Levithans Art zu Schreiben. Und so war es irgendwie kein Wunder, dass ich es, einmal begonnen, nicht mehr weglegen konnte. Die Idee allein ist schon super, aber die Umsetzung ist grandios.

Seit er/sie denken kann, ist A jeden Tag in einem anderen Körper aufgewacht; männlich, weiblich, in den unterschiedlichsten Städten und mit den unterschiedlichsten Leben. Als Kind hat er/sie das nicht verstanden, aber mittlerweile hat er/sie seinen Frieden damit geschlossen. Normalerweise versucht er/sie nichts an den Leben, die er/sie sich gerade »ausborgt« zu verändern, doch als er/sie eines Tages in Justins Körper aufwacht und auf Rhiannon trifft, hat er/sie das Bedürfnis, Zeit mit diesem Mädchen zu verbringen und sie glücklich zu machen.

Mit Justin ist Rhiannon schon lange nicht mehr glücklich, aber mit A in Justins Körper verbringt sie den schönsten, freiesten Tag seit Langem. Irgendetwas an ihrem Langzeitfreund ist anders, das spürt sie, aber erst als ihr derselbe Charakter jeden Tag in einem anderen Körper begegnet und sich für sie interessiert, wird sie skeptisch. Als A ihr dann sein Geheimnis verrät, wird die ganze Sache von Tag zu Tag komplizierter. Kann eine Beziehung funktionieren, wenn der Partner jeden Tag woanders lebt und wer anderes zu sein scheint?

Das Ganze ist im Präsens in der Ich-Perspektive aus As Sicht geschrieben – und so lernt man nicht nur einiges über ihn/sie, sondern auch über all die Personen, die er/sie für einen Tag spielen muss; vor allem weil A ein sehr aufmerksamer, gefühlvoller, taktvoller Mensch ist. A macht sich Gedanken um sie und ihr Leben und er bekommt furchtbar schnell ein schlechtes Gewissen, wenn er/sie denkt, er hat etwas vermasselt oder jemandem einen wichtigen Moment, eine wichtige Entscheidung geklaut. Das Auspusten der Kerzen auf dem Geburtstagskuchen, zum Beispiel, oder den Jahrestag mit dem festen Freund. Das alles lässt einen automatisch mehr über andere nachdenken. Außerdem ruft es einem in Erinnerung, über das Leben an sich zu sinnieren, nichts für selbstverständlich zu nehmen und sich an den kleinen Dingen zu erfreuen.

David Levithans Schreibstil passt hier perfekt; er schafft diese Mischung aus Poesie, schönformuliertem Tagebuch und Echtheit. Seine Art und Weise, As Leben und Gefühlswelt zu beschreiben, hat mich persönlich sehr berührt und verleiht dem Roman letztlich noch mehr Tiefe. Als angenehm empfand ich auch As Geschlechtsneutralität. Er/Sie wacht sowohl in männlichen als auch in weiblichen Körpern auf. Er/Sie hat sowohl schon Jungen als auch Mädchen geküsst, beides sowohl als Mädchen als auch als Junge, und für ihn/sie macht das alles absolut gar keinen Unterschied.

Einziger Kritikpunkt: Das mit der Liebe zwischen A und Rhiannon ging mir etwas zu schnell. Ich will gar nicht bestreiten, dass es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt und auch nicht, dass man sich sofort bei jemanden Zuhause und geliebt fühlen kann, aber A kam mir beim Lesen nicht wie jemand vor, der seine/ihre Prinzipien deshalb plötzlich komplett über Bord wirft – vor allem, weil es nicht einmal das erste Mal ist, dass er/sie sich zu jemandem hingezogen fühlt. Ich hätte es wesentlich realistischer und spannender gefunden, wenn es einen größeren Zwiespalt zwischen As Gefühlen und As Vernunft gegeben hätte.

Fazit:

›Letztendlich sind wir dem Universum egal‹ ist eine Geschichte, die einen grübelnd zurücklässt, komischerweise sowohl mit einem warmen Gefühl in der Brust als auch mit einem gebrochenem Herzen. In diesem Buch stecken so viele, so wunderbare Charaktere mit interessanten Geschichten und David Levithan schenkt seinen Lesern zudem so viel Liebe und Poesie, ein paar sehr weise Metaphern und die schönsten Formulierungen. Mit der Liebe ging es mir jedoch viel zu schnell und ich hätte mir gewünscht, dass A länger nachdenkt, bevor er/sie mir nichts, dir nichts all seine/ihre Prioritäten über Bord wirft. Außerdem hatte ich auf ein paar mehr Erklärungen gehofft, aber vielleicht folgen diese nun in ›Letztendlich geht es nur um dich‹?

Bewertung:

5 von 6 Regentropfen, die leise, aber klar ans Fenster klopfen.

Danke fürs Lesen!

Steffi

2 Kommentare:


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