Buchstabenregen  


Buchrezension

Rot wie das Meer – Maggie Stiefvater

Seiten: 432

Preis: 18,95 Euro

  

script5 Hardcover Erschienen: 12. November 2012 ISBN 978-3-8390-0147-9

Der Inhalt:

Jedes Jahr im November wird die Insel Thisby von Capaill Uisce heimgesucht, Meereswesen, die in Gestalt wunderschöner Pferde Tod und Verderben bringen. Schnell wie der Seewind und tückisch wie das Meer ziehen sie die Menschen in ihren Bann.

Wie viele junge Männer der Insel fiebert auch Sean Kendrick dem Skorpio-Rennen entgegen, bei dem sie auf Capaill Uisce gegeneinander antreten. Nicht wenige bezahlen dafür mit ihrem Leben. Das diesjährige Rennen aber wird sein wie keines zuvor: Als erste Frau wagt Puck Connolly, sich einen Platz in dieser Männerwelt zu erkämpfen. Sie gewinnt den Respekt von Sean Kendrick, der ihr anfangs widerwillig, dann selbstlos hilft.

Schließlich fällt der Startschuss und auch diesmal erreichen viele Reiter nicht das Ziel. Ihr Blut und das ihrer Capaill Uisce färben die Wellen des Meeres rot …

 

Der erste Satz:

Heute ist der erste November und das bedeutet, heute wird jemand sterben.

 

Meine Meinung:

Ich habe einen Faible für Legenden und Sagen und Mythen, egal woher sie stammen. Alles, was aus einer früheren Zeit seinen Weg zu uns gefunden hat, weil immer und immer wieder weitererzählt, ist faszinierend. Und Schottland und Irland haben da definitiv Einiges zu bieten, vor allem, weil manche Orte noch immer so aussehen, als könnte dort etwas Magisches geschehen. Von daher empfand ich die Thematik des Buches von vornherein als interessant und auch, wenn ich kein Pferde-Narr bin, musste ich Maggie Stiefvaters Version der gefährlichen Wasserpferde unbedingt lesen. Vermutlich, weil die Betonung bei diesen Pferden auf gefährlich liegt und das gesamte Buch über diese teils gruselige/düstere teils betörende Stimmung wie ein Nebel um einen herumwabert. Und vermutlich auch (und das vor allem!), weil Maggie Stiefvaters Schreibstil einfach richtig gut ist. Ich lese ihre Texte gerne, weil sie meiner Meinung nach etwas sehr Atmosphärisches, manchmal sogar etwas Poetischen an sich haben.

Bei ihrer ›Mercy Falls‹-Reihe hat mich damals gestört, dass es teilweise etwas zu verkitscht war, bei den ›Raven Boys‹, dass es nicht romantisch genug war. In ›Rot wie das Meer‹ findet sie für mich das perfekte Mittelmaß; da geht alles sehr unauffällig und zaghaft, aber dennoch gefühlvoll von statten. Es geht nicht im Vordergrund um die Liebe, doch sie taucht auf; zum einen als die Liebe einer Person gegenüber, die Vertrauen und Zeit benötigt; und dann auch als die Liebe zu einem Tier, die wohl jeder kennt, der irgendwann einmal ein eigenes Haustier hatte. Diese Liebe beruht auf Respekt, Faszination, Beschützen und Beschützt-werden. Alle zwei Protagonisten machen während der Geschichte Bekanntschaft mit beiden Arten davon. Und nicht nur, dass ich Sean und Puck, jeden einzeln für sich, klasse fand, zusammen waren sie einfach unschlagbar und sehr niedlich im Umgang miteinander.

Beide wollen sie an dem sogenannten Skorpio-Rennen teilnehmen, das jedes Jahr im November auf Thisby stattfindet, und bei dem die Inselbewohner versuchen, auf den gefürchteten Capaill Uisce zu reiten, als wären sie gewöhnliche Pferde. Es geht dabei um viel Geld, um den Stolz und die Ehre vieler Männer – und jedes Jahr endet dieses Rennen blutig. Sowohl  Sean als auch Puck wollen es gewinnen.

Sean hat dies bereits einige Male zuvor geschafft und auch wenn ihn nicht jedermann leiden kann und er ein eher verschlossener Einzelkämpfer ist, den Respekt der Inselbewohner hat er sich schon vor langer Zeit verdient. Sie nennen ihn Pferdeflüsterer und wird ein Capaill Uisce auch nur gesichtet, ist er der Erste, der gerufen wird.

Puck hat seit dem Tod ihrer Eltern nur noch ihre Brüder. Familie steht bei ihr an erster Stelle. Und genau um dieser und sich selbst aus Geldproblemen helfen zu können, trägt sie sich als Kandidatin für das Skorpio-Rennen ein; obwohl die Wasserpferde ihr Angst machen und obwohl noch nie eine Frau vor ihr dieses Rennen geritten ist. Sie ist eine kleine Rebellin, eigensinnig und stur, mit roten Haaren und Sommersprossen.

Auch die Nebencharaktere hat Maggie Stiefvater gewohnt ausgefeilt dargestellt. Teilweise sind sie etwas eigenartig und verschroben, aber vermutlich wären wir das auch, wenn wir auf dieser Insel leben würden. Und das hat das Ganze auch irgendwie zu etwas Besonderem und Märchenhaftem gemacht.

Die Geschichte wird sowohl aus Seans als auch aus Pucks Sicht erzählt, jeweils aus der Ich-Perspektive. So bekommt man als Leser Einblick in beide Köpfe und Herzen, was mir gerade bei Sean wichtig war, der zwar viel nachdenkt, aber nur halb so viel sagt.

Ich konnte das Buch beim Lesen kaum aus der Hand legen. Im Mittelteil gab es einige wenige Längen, aber im Großen und Ganzen hat mich dieses Buch sehr begeistern können. Und es war gruselig, so gruselig. Nicht nur, weil ich persönlich ziemlichen Respekt vor Pferden habe, seit ein Aufeinandertreffen mit einem recht großen Exemplar in meiner Kindheit nicht ganz so friedlich verlaufen ist wie erhofft. Sondern vor allem, weil Maggie Stiefvater es mit ihren Beschreibungen schafft, mir Szenarien vorzustellen, die mir den einen oder anderen Schauer über den Rücken jagen und mich denken lassen, dass an kalten Novembertagen tatsächlich ein Capaill Uisce aus der Isar auftauchen könnte.

 

Fazit:

Rot wie das Meer ist mein bisheriger Liebling unter Maggie Stiefvaters Romanen. Einen extra-dicken Pluspunkt gibt es für die Auswahl der Legende und für das Nachwort. Ansonsten kann ich nur sagen: Wer gerade keine Lust auf zu viel Romantik hat, dafür aber eine Insel mit ganz speziellen Traditionen, interessanten Charakteren und faszinierenden, furchteinflößenden Pferden kennenlernen möchte, dem kann ich dieses Buch ans Herz legen! Und ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen, dass dieses Buch nicht nur etwas für Pferde-Liebhaber ist!

 

Wertung:

6 von 6 möglichen Regentropfen, die heute so rot sind wie das Meer.

Danke fürs Lesen!

Steffi

4 Kommentare:

  1. Huhu,

    Ganz tolle Rezension, ich kann dir in allen Punkten zustimmen, die Raben Boys waren mir irgendwie zu wirr, deswegen habe ich nach beenden von Band 1 nicht mehr weiter gelesen, ich habe einfach nicht verstanden was da passiert.
    Aber Rot wie das Meer fand ich ganz toll, ich fand immer, dass es einen zweiten Band davon hätte geben sollte.

    Liebe Grüße

    1. Liebe Rachel,
      vielen Dank! Es freut mich, dass dir das Buch ebenso viel Freude gemacht hat und du mit meiner Rezension übereinstimmst.
      Die ›Raven Boys‹ haben tatsächlich etwas den Fokus verloren und gerade das Ende der Reihe konnte mich nicht überzeugen. Ich liebe jedoch die Charaktere, die mir allesamt sehr ans Herz gewachsen sind; schon allein deshalb haben auch die
      vier ›Raven Cycle‹-Bücher einen Ehrenplatz in meinem Buchregal. Eine ausführlichere Besprechung der Reihe folgt im Oktober, vielleicht erklärt sich dir dann ja doch noch das ein oder andere. Außerdem wird es im Oktober auch eine Stiefvater’sche Überraschung zu gewinnen geben, die ich von der YALC mitgebracht habe. 😉

  2. Hey Steffi

    Ich bin ein grosser Fan von Maggie Stiefvater, ihren erstklassigen Charaktere und ihrer Schreibkunst. Und ich muss auch zugeben, dass „Rot wie das Meer“ mein Lieblingsbuch von ihr ist. Die Atmosphäre auf der Insel war so toll, die Protagonisten so einzigartig ….. einfach klasse

    lg Favola

    1. Liebe Favola,

      freut mich, dass es dir mit dem Buch ganz genauso ging wie mir. Maggie Stiefvater meinte sogar bei ihrer Veranstaltung in London im Juli, dass es auch ihr Liebling unter ihren eigenen Büchern wäre. Was mich ziemlich überraschte, weil ja immer nur die Raven Boys in aller Munde sind.

      Liebe Grüße,
      Steffi


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